Freitag, 18. Mai 2012

Crysis 2 und der lustige Qualitätsjournalismus

Das Internet ist ein Hort von verschiedenen, mal guten und mal weniger guten, Inhalten.
Inhalte die uns aufstoßen, die uns wütend machen, über die wir diskutieren, debattieren und lachen können. Dank sozialer Netzwerke findet man auch Beiträge und Artikel die man eventuell so gar nicht gefunden hätte, respektive mit sozialen Netzwerken ist hier Twitter gemeint, und so auch gar keine Basis für einen Artikel vorhanden wäre.

So habe ich doch einen kleinen Artikel gefunden der mich zum Schmunzeln brachte und den ich, aufgrund seiner teilweise vorhandenen ungenauigkeit und herrlichen übertriebenheit, liebgewonnen habe. Man mag den Kopfschütteln bei diesem Artikel, der von Kathrin Spoerr stammt (kurz: Reporterin bei welt.de im Ressort Vermischtes) und den schönen Titel "Wenn Mütter versuchen, zu Mördern zu werden" trägt.


Frau Spoerr befasst sich, laut ihrem Artikel, eine ganze Woche lang mit "Crysis 2", dem "Spiel des Jahres 2011". Da also dieses Spiel, den eben genannten Preis gewann, muss man sich als Laie natürlich auch unmittelbar dieser Sache annehmen und einen "Testbericht" (oder eher ein etwas übertriebenen Erfahrungsbericht) zum selbigen schreiben.

Zu Beginn. beziehungsweise im Gesamten, ist der Text sehr sachlich gehalten und das ist natürlich auch völlig in Ordnung, immerhin ist Frau Spoerr eine Journalistin weshalb sie dieses Maß an sachlichkeit auch haben sollte, welches mir manchmal fehlt (alleine wenn ich mir auch schon meine ganzen Fehler ansehen). Aber geht es mir hier doch eher darum wie man anhand ihres Textes schon sehen kann, wie entweder Frau Spoerr sehr leicht in Angst zu versetzen ist oder wie in unserem heutigen journalistischen Zeitalter zur doch sehr offensichtlich Übertreibung neigt.

Schon den ersten Satz im dritten Absatz finde ich schon sehr witzig.
"Die CD startet von selbst" schreibt Frau Spoerr. Sollte in unserer medialen Welt nichts neues sein, denn regulär passiert dies auch bei DVD/Blu-Ray und CD-Player (ja CD-Player gibt es noch).
Hier könnte ich etwas pingelig sein und sagen, dass es eine Dual Layer DVD sei, aber lassen wir dieses, übersehbare, Detail mal außen vor.

Um nicht ihren Text gleich wiederzugeben, beziehe ich mich nur auf ihre Pannen innerhalb ihrer "Recherchen" und wie schön sie doch versucht das Spiel als ein unglaublich menschenverachtendes Werk, durch ihre unglaubliche Übertriebenheit darzustellen.
Im gesamten Text wird klar, dass Frau Spoerr sich nicht wirklich mit diesem Spiel auseinandergesetzt hat. Klar sie ist Laie, aber auch ein Laie findet den Startknopf und das Menü in dem die Steuerung für den Spieler einsichtig und änderbar wird.

Frau Spoerr schafft es bravorös mit nur drei Tasten das gesamte Spiel zu spielen und erfindet nebenbei noch eine neue Taste, sowie generell Änderungen an der Spielumgebung.
So nutzt sie die Y-Taste einmal zum ducken/kriechen und zum anderen zum schießen.
Dumm nur, dass keiner dieser Funktionen von dieser Taste bedient wird. Geduckt wird sich mit der B-Taste und geschossen mit RT (Right Trigger; PS3: R2). Die besagte Taste wird zum Wechseln der Waffe oder zum Wurf von Granaten genutzt (zweimaliges Antippen der Taste).
Anbei: Ebenso verhält es sich mit dem, angeblich von ihr ausgeführten, "Megatritt".
Diesen kann sich zum einen gar nicht mit Y-Taste ausführen und zum anderen kann dieser z.B. nur dann ausgeführt werden, wenn man ein Auto beiseite befördern will (Taste muss gedrückt gehalten werden). Und natürlich wird die Tür aufgeschlagen und das mit dem Druck auf RS (Right Stick).

Desweiteren versucht sie mit der Y-Taste, mal wieder, zu springen und eine Kante mit der B-Taste zu greifen. Auch hier gibt es wieder schwerwiegende "Recherchefehler".
Denn beides, ein normaler bzw. hoher Sprung sowie das Greifen einer Kante, werden beide mit dem Druck (oder gedrückt halten) der A-Taste ausgeführt.
Grandios wird es auch, als Frau Spoerr gleich mal eine Taste erfindet und zwar die TP-Taste.
Wofür diese gänzlich steht, kann wahrscheinlich nicht einmal sie selbst beantworten.
Andere kleine Fehler sind, dass herbeizaubern einer Munitionskiste (die nicht im, sondern außerhalb des Gebäudes liegt) und einen "verschütteten" Gang, der so nicht existiert.
Leider scheint Frau Spoerr nicht schnell zu lernen und im gleichen Maße scheint sie auch kein Verständnis zu haben, für visuelle Dinge. Denn das Spiel zeigt einem direkt an welche Taste denn gedrückt werden muss, um die jeweilige Aktion auszuführen.

Aber kommen wir doch jetzt zu dem was mich sehr amüsiert hat und zwar die diversen Übertreibungen die sie in diesem "Bericht" so uns ausführt.

Frau Spoerr dramatisiert hier gekonnt alles.
Natürlich ist es für Nichtspieler kein angenehmes Vergnügen, Leichen gestapelt und halbverwest zu sehen (das ist es für niemanden). Jedoch sollte man sich hier vor Augen führen, dass es lediglich ein Spiel ist. Egal wie detailgetreu die Nachbildungen oder Darstellungen in so einem Spiel sind, niemanden ist oder wird etwas passieren (außer den Figuren innerhalb dieses Spiels).

"Ich stehe sehr lange in der Deckung des Hauses, in dem ich drei Tage lang Angst hatte. 
Ich will dieses Versteck nicht verlassen. Aber ich weiß: Ich muss. 
Meine Schritte hallen laut und verräterisch. Vor mir ein Park, der Hudson River, am Horizont die Freiheitsstatue. Brennend. Ein Springbrunnen. Ich schleiche herum. Kreuzungen. Nicht einsehbar. Gefahr! Ich ducke mich.

Dann schießen sie. Ich erschrecke so sehr, dass ich vom Sitzsack rutsche. Ich fliehe erst mal auf die Toilette und schließe die Tür ab.

Mein Herz schlägt im Hals. Fast auf der Zunge. Ich überlege. Es ist ein Spiel! Es gibt Lösungen. Ich will ruhig bleiben. Bevor ich zum Sitzsack zurückkehre, lausche ich. Keine Schüsse mehr im Wohnzimmer. Der Sitzsack ist meine Deckung. Ich greife den Controller. Schleiche mit linkem Joystick aus der Schusslinie. Das funktioniert. Um die Ecke lugen. Schüsse. Stimmen. "Wir haben ihn", sagen sie, ganz nah. Ich muss handeln. Ich springe auf und renne los. Ich falle hin und stehe auf. Sie sind am Brunnen, zielen auf mich. Ich schieße. Drücke, rasend und blind, den rechten Trigger, bis es still wird.

Plötzlich liegen sie da. Ich habe sie getötet. Ich bin so froh, weil ich noch lebe. Mein Puls beruhigt sich. Ich gehe zum Brunnen, denn ich will sie sehen. Das sind keine Aliens, sondern Menschen. Aber: Feinde. Sie haben gute Waffen. "Mit X aufheben", sagt mein Bildschirm. Ich drücke X. Jetzt ist es mein Maschinengewehr. Ich knattere in die Luft. Damit werde ich mich besser verteidigen können, denke ich. Ich bin dankbar für das schöne Gewehr.
Dann wird mir klar: Ich habe soeben Leichen gefleddert. Morgen geht's weiter.
("Wenn Mütter versuchen, zu Mördern zu werden", von Kathrin Spoerr)

Zugegeben: Nicht jeder Mensch verkraftet alles und auch nicht im selben Maße, aber was hier geboten wird zeugt doch von einem Mensch, der sehr ängstlich sein muss oder recht labil.
Niemand springt auf und schließt sich irgendwo ein, weil er/sie einen Schuss hört.
Nicht mal die Damen von FrauTV sind schreiend weggerann t, obwohl siebrutalere und schlimmere Szenen in ihrem reißerischen und nur so von Fehlern trotzenden Bericht damals über Killerspiele gezeigt haben.

Natürlich wirkt alles befremdlich und selten fühlt man sich wohl, aber dennoch bleibt dem Leser des Textes, vorrausgesetzt man ist Gamer oder kennt zu einem gewissenmaße die Darstellung solcher Spiele, schon fast gar nichts anderes Übrig als zu erkennen:
Diese Frau hat nicht eine Woche lang, sondern maximal einige Stunden, wenn überhaupt, Crysis 2 gespielt. Diese Frau versucht auf eine Weise das Spiel darzustellen, wie es viele Menschen tun die rein gar keine Ahnung von der Materie haben und auch generell nur darauf abzielen, die vorgefertigte Meinung kundzutun.

Es geht hier im eigentlich doch gar nicht um das Spiel, sondern wieder einmal nur darum, dass "Killerspiele" nur schlechtes im Menschen hervorbringen und nicht mehr als Angst und Schrecken oder sonstigen Quark hervorbringen, und natürlich Amokläufer. Mir bleibt nicht mehr zu sagen, als dass dieser Text sich einreiht zu jenen Texten und Aussagen, die nur von Menschen kommen, welche sich niemals ausreichend mit diesem Medium auseinandergesetzt haben und sich auch nie ausreichen mit diesem auseinandersetzen werden.

Zum Schluss noch ein Zitat, das zeigt wie sehr sie dieses Medium, Videospiele, oder doch eher die "Killerspiele" verteufelt:
"Panik. Am liebsten, wenn ich ehrlich bin, würde ich jetzt aufhören. 
Maschine ausschalten, ins Büro fahren, Zivilistin sein und mich bei meinen Kindern entschuldigen für das, was ich hier tue, und von dem sie, gottlob, nicht mal etwas ahnen."

Quelle(n):
Welt.de: Wenn Mütter versuchen zu Mördern zu werden (von Kathrin Spoerr)

Review zu Crysis 2 (PS3)

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